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Tierschutzhund - Trauma oder Alptraum?


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Tierschutzhund übernommen? Verliere keine Zeit!
Angsthund? Oft ist es deine eigene Angst!





Ausgelassenes Spiel im Garten, überall immer ohne Leine unterwegs, vertrautes Kuscheln in der Wohnung. Romina geniesst ihr Leben heute in vollen Zügen. Das war nicht immer so…

Da war sie nun, Romina aus Rumänien, ein scheues kleines Elend auf 3 Beinen, zusammengekauert in ihrer Stoffbox am Boden neben meinem Bett. Eine kleine Hündin mit etwa 20cm Schulterhöhe, die eigentlich nicht «geplant» war, und von der ich fast nichts wusste, ausser dass sie ca. 5-7 Jahre alt war, aus Rumänien kam und dort in der Tierrettungsstation offenbar während mehreren Jahren schlichtweg übersehen wurde, weil sie sich ständig verkroch, wenn jemand das Gehege betrat.

Nachdem ich mich entschieden hatte, sie bei mir aufzunehmen, wurde ich zwischenzeitlich nochmals kontaktiert: «Wir haben ein Problem mit Aggression; sie lässt sich nicht von uns anfassen». Auf meine Bitte hin hatte ich dann ein kurzes Video erhalten und schätzte die Szene als für mich händelbar ein. Ich sagte: «Macht euch keine Sorgen, das kriege ich hin. Wenn der Tierarzt sie beim Gesundheitstest überlebt, dann könnt ihr sie mir bringen 😉».

Ich hatte sie bei der Tierschutzorganisation Curtea de Arges in Deutschland abgeholt. Bei unserer ersten Begegnung trug sie ein Geschirr und eine Leine. Ich wollte ihr das Versäubern auf der Wiese ermöglichen und stellte sie auf den Boden, worauf sie heftig von mir wegwich und sich daraufhin panisch an der Leine auf dem Boden wand, wie am Spiess schreiend und mit gefletschten Zähnen. Der rumänische «Hundemann», der mit dem Transport von Romina betraut worden war, kam mir zu Hilfe, und gemeinsam konnten wir sie wieder beruhigen.

Es kam dann auch zu Hause auch zu späteren Zeitpunkten immer wieder zu solchen Panikattacken – dass ein Nachbar mit einem Blumentopf schepperte, reichte dazu ebenso aus wie die nächtliche Begegnung mit einem lauten Lastwagen in unserer Wohnstrasse. Meine Nachbarn müssen des Öfteren geglaubt haben, hier würde jemand umgebracht - so laut und durchdringend waren ihre Schreie, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Für mich waren sie der Ausdruck einer puren Verzweiflung, weil sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben nicht einfach verkriechen konnte – die einzige Lösung, die sie offenbar für ihr Überleben kannte.

Ich gab ihr sofort nach unserer Ankunft in der Wohnung etwas Wasser in die Stoffbox hinein. Für ihre Begriffe war ich ihr damit bereits zu nahe. Blitzschnell zog sie sich das Wassergeschirr zu sich in den hinteren Teil der Box hinein. Ich wusste, das würde einiges an Zeit und Aufwand brauchen, sie an mich zu gewöhnen.

Und tatsächlich dauerte es in der nächsten Zeit bis zu 30 Minuten, bis ich es schaffte, Romina in meiner Wohnung für ein kurzes Gassi rund ums Haus auch nur anzuleinen. Mir war jedoch wichtig, dass sie in der Wohnung ohne Leine und Geschirr leben konnte, weil ich ja wusste, wie schlimm diese für sie offenbar waren. An verkehrsarmen Orten fing sie dann aber schon bald an, Stanley und mir wie selbstverständlich zu folgen – ohne Leine, jedoch immer mit einem Sicherheitsabstand von 2 – 3 Metern.

Draussen während unserer intensivsten «Diskussionszeiten» hatten wir anfangs bei unverhofften, lauten Geräuschen und ihrer Ansicht nach «gefährlichen» Menschen schon noch öfters das Problem, dass sie einfach davonlief, um sich, teilweise für mehrere Stunden, in einem geheimen Versteck zu verkriechen. Ihr war aber schlussendlich die Zugehörigkeit zu unserem «Rudel» so wichtig, dass sie diese Strategie irgendwann ablegen konnte.

Diese schlussendliche, innere Entscheidung konnte nur sie treffen. Natürlich geschah dies in demjenigen Moment, wo ich selbst sie innerlich loslassen konnte.

Mein Tierschutzrüde Stanley, den ich 3 Monate vorher aus Italien zu mir geholt hatte, war mir bei alledem eine grosse Hilfe. Ihm näherte sie sich auch in sehr kritischen Situationen, wo ich das als Mensch niemals geschafft hätte. Ich kann mir gut vorstellen, dass es mit Romina ohne Stanley vor allem am Anfang noch viel anspruchsvoller gewesen wäre. Andererseits kann ein Zweithund auch ein grosses Hindernis darstellen: dann nämlich, wenn ein verängstigtes neues Familienmitglied sich ständig hinter dem anderen Hund versteckt, anstatt sich direkt und von Anfang an mit dem Menschen im Haushalt auseinanderzusetzen.

 

Schlecht gestartet? Kann sich alles zum Guten wenden!

Zweifellos haben viele Tierschutzhunde unter Deprivation, fehlender oder zumindest falscher Sozialisierung gelitten. Und ziemlich sicher sind sie auch sehr stark verunsichert aufgrund ihrer bisherigen Vergangenheit. Ihr Urvertrauen konnte nie aufgebaut werden oder ist durch oft unsägliches Leid schlichtweg zerbrochen. Sie deswegen ausschliesslich mit Samthandschuhen anzufassen und ewige Zeiten der Eingewöhnung ungenutzt verstreichen zu lassen, ist aber der falsche Weg.

Ich kenne Menschen, denen von der Tierschutzhundevermittlung allen Ernstes verboten wurde, mit der Erziehung vor dem Ablauf von mindestens 6 Monaten zu beginnen. Dies mit der Begründung, dass der Hund so viel Zeit brauche, um sich in seine neue Umgebung einzugewöhnen. Von Anfang an wird deren neuen Besitzern eingeredet, dass dieser Hund Jahre brauchen wird, um sich im Alltag zurechtzufinden. Nun ja, das wird ganz bestimmt der Fall sein – wenn man so vorgeht, wie die meisten Hundetrainer einem raten.

Wie so oft geht man bei dieser Annahme wohl davon aus, dass der Hund Hundetraining braucht in Form von positiver Verstärkung, und dass er, um zu lernen, erst viel Freude und Vertrauen erfahren haben muss. Es ist genau umgekehrt. Ein Hund, der, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben, echten Anschluss an einen Menschen findet, der ihm klare Führung mit glasklaren Ansagen macht, erfährt erst, dass er, emotional wie auch mental, nicht alleine auf diesem Planeten ist. Erst dann ist er offen für Neues an der Seite seines Menschen!

Unterscheide zwischen deinen Emotionen und denen deines Hundes

Viele Menschen schwelgen in der ersten Zeit mit ihrem Tierschutzhund in einer Mischwolke von überschwänglicher Liebe und intensivstem Mitleid. Was ein solcher Hund aber stattdessen braucht, ist dein klarer Kopf, deine Fähigkeit, dich in das Verhalten eines Hundes einzudenken und dich gegenüber deinem Vierbeiner so zu verhalten, als wärst du auch einer. Er braucht dich als starke Persönlichkeit, die erst, von ganz tief drinnen heraus, ernsthafte Beziehung mit allen Hochs und Tiefs, vor allem aber klare Führung gibt.

Auf keinen Fall aber kann dein Tierschutzhund etwas anfangen mit dir, wenn du von deiner Umwelt verständnisvolle Blicke erntest und dir so etwas wie eine Bestätigung von aussen suchst, ein besonders guter Mensch zu sein, weil du Tierschutzhunde rettest. 

Integration statt Hundetraining

Es macht also mehr als Sinn, als Allererstes und schon in den ersten Tagen die Rollenverteilung im eigenen Haushalt zu klären, anstatt darauf zu warten, dass der neue Tierschutzhund sich einfach erst einmal an alles gewöhnt. Gewöhnung wird eh von alleine passieren, aber es ist nicht gut, wenn ein solcher Hund seine bisherigen Strategien unkorrigiert an seinem neuen Lebensplatz einfach weiter durchzieht. Weil es ihn nämlich in seinem alten eigenen «Gefängnis» weiterhin buchstäblich gefangen halten würde: er wäre weiterhin mental «alleine» unterwegs – das Gegenteil von echter Integration und das Ende von beginnendem, echtem Vertrauen.

Klarheit statt Mitleid

Leider wird zurzeit heftig und überall in den Medien propagiert, dass man Hunde nicht korrigieren, keine Dominanz gegenüber ihnen zeigen dürfe, ja schon ein lautes Wort oder sonstige klare Ansagen sind streng verpönt. Auf jegliches Beschwichtigungssignal des Hundes hin (welches leider immer sofort als Alarmstufe Rot eingestuft wird) müsse sofort alles und jedes abgebrochen werden, wird jeglicher Einfluss des verunsicherten Menschen sofort gelähmt – ein weiterer Vertrauensverlust ist vorprogrammiert, ohne dass der Mensch es überhaupt erst mitkriegt.

Die Folge davon ist also, dass der Mensch total verunsichert wird und sich nicht mehr getraut, sich als willensstarke Persönlichkeit vor seinen Hund zu stellen und ihm zu signalisieren «ich bin da für dich, ich übernehme jetzt die Kontrolle und bin zuständig für alle Entscheide, eben auch, ob wir jetzt fliehen oder uns einer Sache stellen».

Orientierung statt Betüdeln

Gerade viele Tierschutzhunde erfahren also von ihrem Menschen genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich brauchen würden. Man schiebt die Verantwortung der Sozialisierung und Erziehung auf ein vermutetes Trauma und lässt damit den Hund meist ein Leben lang alleine mit seinen mitgebrachten, schon stark verfestigten Entzugserfahrungen und Fluchtstrategien, ohne zu verstehen, dass dieses Sich-Entziehen und ewige Ausweichen in Wahrheit ein Nähe- und Distanz-Kontroll-Mechanismus ist. Kontrolle kann sich so niemals in Vertrauen umwandeln, weder vom Menschen zum Hund hin, noch umgekehrt.

Du hast richtig gelesen, auch diese Hunde kontrollieren oft uns Menschen! Ihr Verhalten, oft Ausweichen bei fremden Personen und Kleben an der gewohnten Person, wird aber oft nicht so wahrgenommen, sondern weckt bei uns Menschen vielmehr oft genau diejenige Angst, die eigentlich wir selbst empfinden. Wir sagen dann aber einfach «der Hund hat Angst» und lassen den Hund damit alleine, weiterhin gefangen in seinen Mustern.

Dein Tierschutzhund darf die Kontrolle verlieren

Natürlich ist der Hund erst einmal verunsichert, wenn da auf einmal ein Mensch daherkommt, der ihm tatsächlich und wahrhaftig etwas Wichtiges zu sagen hat. In vielen Fällen hat der Hund sich eben ausschliesslich an anderen Hunden orientiert und oft in seinem Ursprungsland gelernt, dem Menschen auszuweichen. Und ja, vielleicht hat ihm diese Strategie sogar dazu gedient, schlicht und einfach zu überleben. Aber jede gewollte Veränderung bedingt auch, dass man Altbewährtes loslassen muss. Das ist auch z.B. beim rumänischen Strassenhund nicht anders, der es wohl oft gut mit anderen Hunden kann, aber sofort zurückweicht, wenn ein Mensch ihm zu nahekommt.

Hätte mich meine rumänische, dreibeinige Hündin Romina nicht eines Besseren belehrt, wäre sie wohl heute noch auf der ständigen Flucht vor so vielem, oder sie wäre gar nicht mehr am Leben, weil sie am ewigen Stress zerbrochen oder unter ein Auto gekommen wäre. Sie würde wie so viele andere, bedauernswerte Kreaturen da draussen wie ein Rollbraten eingepackt in einem Sicherheitsgeschirr ein trauriges, einsames Leben an der ewigen Schleppleine verbringen, an der Seite von einem zweibeinigen Niemand, der nicht mal annähernd verstanden hat, worum es hier tatsächlich geht und was er tun müsste, um diesem Elend innert weniger Wochen, maximal Monate, ein Ende zu bereiten.

Angst als grösstes Hindernis

Denn mit Angst, vor allem der Angst, beim Hund etwas falsch zu machen, lässt sich offenbar nicht nur die gesamte Hundewelt kontrollieren, sondern eben auch deren ach-so-immer-nur-positives Aufführen gegenüber ihrem Hund aufrechterhalten. Die Sache mit dem Hund ist eben eine enorm emotionale Angelegenheit, und wir Menschen schaffen es, eine Menge Ängste darum herum aufzubauen, z.B.

•    Angst, dass uns der Hund nicht mehr liebt
•    Angst, dass der Hund Angst vor uns hat
•    Angst davor, dass der Nachbar schlecht über uns denkt
•    Angst vor unserem eigenen inneren Tier
•    Angst, dass der Tierschutz vorbeikommt
•    Angst vor jeglicher Auseinandersetzung bis hin zur Eskalation, und damit schlussendlich in vielen Fällen auch:
•    Angst vor dem eigenen Hund

Dein Tierschutzhund bringt schon alles mit, was es braucht

So können auch mehr Hundetrainings verkauft werden, denn angeblich dauert so eine Trauma-Therapie bei einem Tierschutzhund ja mehrere Jahre. Das ist meines Erachtens total falsch: in Wirklichkeit dauert es max. 1 einziges Jahr. Aber du musst komplett umdenken.

Ein guter Freund hat einmal zu mir gesagt: Ich an deiner Stelle würde so mit ihr umgehen, als hätte sie 5 statt nur 3 Beine. Er hatte vollkommen Recht damit. Noch heute muss ich Romina oft zurückhalten, weil sie ohne Rücksicht auf ihre Behinderung die ganze Welt zu kontrollieren versucht. 

Jeder, der sie näher kennt, weiss, dass sie jeden auch noch so grossen Hund innert Sekunden an einer Stelle «festnageln» kann, nur mit einer schnellen, aber überzeugenden Aktion an dessen Schulter und einem fixierenden Blick. Bei einem Hüteseminar in Deutschland konnte sie selbst einer Gruppe von 10 Schafen innert weniger Sekunden mehr Eindruck machen als ein riesengrosser, sehr dynamischer französischer Hütehund, der allerdings auch noch jung war. Was in der Tierwelt eben rüberkommt, ist, wer sie in Wirklichkeit ist, und nicht, wie wir Menschen sie oft mit unserer Menschen-Brille zu sehen meinen.

Ein kleiner Rest der alten Muster wird bleiben

Noch heute scheut Romina manchmal leicht vor gewissen Knack- oder Klatsch-Geräuschen, was aber durch einen simplen Befehl wie SITZ oder PLATZ jeweils sofort aufhört. Gerade ihr, dem armen Dreibeinchen aus Rumänien, musste ich klare Grenzen setzen, ihr sehr, sehr deutlich klarmachen, dass Davonlaufen und damit Entzug jeglicher Kontrolle und Führung eben nicht die Lösung ist, wenn sie sich in mein Rudel integrieren will. Es hat wunderbar geklappt, weil ich wusste: wenn ich diesen Hund mental nicht bremsen kann, werde ich auch emotional nicht an sie herankommen.

Gesund, gut geführt und - glücklich

Das Resultat unserer gemeinsamen Zeit waren eine sich Jahr um Jahr stetig verbessernde Gesundheit und Kräftigung, das Ende ihrer epileptischen Anfälle und eine entspannte, verschmuste und sehr verspielte, äusserst lebensfrohe Hündin, die nie mehr im Leben freiwillig von uns weglaufen würde. Und all das im hohen Alter von inzwischen (geschätzten) 13 bis 15 Jahren.


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